Berlin – Wenn Abfall in der Tonne landet, gibt es für ihn verschiedene Möglichkeiten: Bestenfalls wird er recycelt und wieder zum Gebrauchsgegenstand. Oder er wird durch Verbrennung in Strom oder Wärme verwandelt. Vielleicht wird er auch nur verbrannt, damit er verschwindet.

Er kann auf einer Deponie landen. Oder in der Natur. Welches Schicksal dem Müll bevorsteht, hängt davon ab, wo er in Europa weggeworfen wird. In Deutschland wird man ihn wohl als wertvollen Rohstoff betrachten. In Lettland, Rumänien oder Griechenland endet sein Weg recht sicher auf der Müllkippe. Das ist nicht nachhaltig. Und auf den Deponien entsteht das Treibhausgas Methan. Mülllagerung ist ein Umwelt- und Klimaproblem.

«Leider haben wir in einigen Ländern vor allem in Süd- und Osteuropa sehr hohe Deponierungsquoten und wenig entwickelte Recycling-Strukturen», sagt Peter Kurth, der Präsident des Kreislaufwirtschafts-Verbands BDE. Das gehe mit der Mülltrennung im Haushalt los.

EU-weit werden im Schnitt 29 Prozent der sogenannten Siedlungsabfälle recycelt. In Deutschland, den Niederlanden oder Belgien landen zwischen null und ein Prozent der sogenannten Siedlungsabfälle auf der Deponie, in Lettland dagegen 92 Prozent – das ist Rekord. Recycling ist für viele Letten noch ein Fremdwort. Nur in großen Städten wird in dem Baltenstaat ansatzweise getrennt gesammelt. Auch ein Pfandsystem für Flaschen oder Dosen gibt es bislang nicht. 

In Deutschland dagegen ist die Kreislaufwirtschaft mit Recycling- und Verbrennungsanlagen inzwischen zu einem echten Wirtschaftszweig geworden, der nach BDE-Angaben mehr als 266 000 Menschen beschäftigt und mehr als 71 Milliarden Euro Jahresumsatz macht (Stand 2014). Auch Müll aus anderen Ländern wird hier zu Geld gemacht, netto importierte die Bundesrepublik nach Zahlen des Umweltbundesamtes vergangenes Jahr 3,5 Millionen Tonnen Abfall. Etwa aus Großbritannien: Dort seien die Deponiesteuern sehr hoch, weswegen der Müll-Export über den Ärmelkanal billiger käme, erklärt Kurth.

Wie unterschiedlich die Voraussetzungen in den Ländern sind, zeigt auch das Gezerre um Deponien und Recycling in Brüssel. Vergangenen Dezember musste die EU-Kommission ihre eigenen Ziele runterschrauben, um alle an Bord zu holen. Der Wunsch: Bis 2030 sollen 65 Prozent der Siedlungsabfälle wiederverwertet werden und nur noch zehn Prozent auf der Deponie landen. Beschlossene Sache ist das noch nicht. Die bisher geltende Richtlinie sieht bis 2020 eine Recyclingquote von 50 Prozent vor. «Das werden viele Länder verfehlen», sagt BDE-Präsident Kurth.

Sein Verband will deshalb, dass Länder ohne moderne Verwertungsanlagen ihren Abfall erst mal exportieren statt ihn zu lagern. «Bevor etwas in Polen deponiert wird, sollte es in Deutschland recycelt oder verbrannt werden», sagt Kurth.

«Aus Umweltsicht ist das unsinnig», hält Sascha Roth von der Umweltorganisation Nabu dagegen. Viel wichtiger sei, vor Ort Anlagen zu bauen. Umweltverbände fordern außerdem höhere, verpflichtende Recyclingquoten. Denn verbrennen sei billiger als wiederverwerten, erklärt Roth. «Wenn da wirtschaftliche Konkurrenz ist und keine Vorgabe, dann geht viel mehr in die Verbrennungsanlage als müsste.» Auch wenn Strom und Wärme aus dem Müll gewonnen würden, sei die Energieeffizienz nicht mit anderen Kraftwerken vergleichbar.

So groß die Unterschiede in Europa auch sind: Nach und nach tut sich was, auch beim Deponie-Spitzenreiter Lettland. Um die EU-Vorgaben erfüllen zu können, wurde vergangenen Herbst nahe der Hauptstadt Riga die größte Müllsortieranlage Osteuropas in Betrieb genommen. «Sprechende» Container, die sich für den Einwurf von Glas oder Plastik bedanken, sollen der Bevölkerung den Recycling-Gedanken näher bringen.

Fotocredits: Maja Hitij,Patrick Seeger,epa ANA Pantelis Saitas,Alexander Welscher,Jaime Reina
(dpa)

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